
Geschichten unseres Vereins
Bilder aus früheren Zeiten
Viele alte Fotos v. a. aus der Sammlung von Foto-Näher befinden sich in der Fotodatenbank des Reutlinger Stadtarchiv, das online zugänglich ist:
Gründung
„Der am 7. August 1913 gegründete Verein bezweckte die Hebung der Reitkunst und die Förderung des Interesses für das Pferd. Er lässt Reitunterricht erteilen und veranstaltet Reitübungen. Der Verein hat seinen Sitz in Reutlingen und soll in das Vereinsregister eingetragen werden“. Dies erfolgte im Juni 1914.
Vorstand war Wolfgang Entress, sein Stellvertreter Karl Stelzer.
Belege zur Eintragung ins Vereinsregister liegen ab dem 25. Juni 1928 vor. Ab diesem Zeitpunkt gibt es auch noch Protokolle von Mitgliederversammlungen.
Durch die Wirren des 1. Weltkriegs waren die Aktivitäten des jungen Vereins gebremst. Der Standort „Reithaussäge“ bei den Bösmannsäckern ging in den Kriegsjahren verloren.

Im GEA vom 13.5.2106 steht dazu: „Geritten wird hier schon lange nicht mehr, und irgendwann erledigt sich das »Denkmal« von selbst, indem es in sich zusammenfällt: Die Alte Reithalle auf den Bösmannsäckern, vor 100 Jahren noch »Reithaus« genannt, schwer erkennbar von der Stadtautobahn aus, in der Hauffstraße direkt neben dem Festplatz stehend.“
Das Reithaus 1929 bis 1982
Am 12. Juni 1928 wurde der Reithausbauverein e. V. gegründet, mit dem der Neubau der Reitanlage finanziert werden sollte. Gründungsmitglieder waren Herbert Anner, Dr. Albert Benkendörfer, Hermann Burkhardt, Otto Canz, Karl Finckh, Konrad Gminder, Manfred Gminder, Heinrich Holzach, Artur Schaal, Alfred Schradin und Karl R. Stelzer.
Im Vereinsregister hieß es: „Gründung eines Vereins, der hauptsächlich den Zweck haben soll, einen Bauplatz zu erwerben, darauf ein Reithaus mit Wohnung und den sonstigen Erfordernissen zu erstellen und dies dem Reitverein Reutlingen pachtweise zur Verfügung zu stellen.“
Das Reithaus wurde im Gewand Engelloch, Am Feldweg Nr. 105, gebaut. Heute ist das die Gustav-Groß-Straße in der Römerschanz-Siedlung. Der „Reithausweg“ erinnert noch an das alte Reithaus.
Stall und Reithalle des Reithauses wurden im Februar 1929 in Betrieb genommen.
In einer Einladung zur Mitgliederversammlung im März 1929 heißt es: „Die Herrichtung eines Zufahrtsweges und die Erstellung einer offenen Reitbahn stehen noch aus.“
Im Mai 1929 berichtete der Reutlinger Generalanzeiger über „Das neue Heim des edlen Reitsports in Reutlingen“

Damals stand das Reithaus auf der „grünen Wiese“.
Das Reithaus gehörte nach der „Wiederbelebung“ des RVR im Jahr 1949 dem Reithausbauverein. 1951 nahmen die Mitglieder des Reitvereins Reutlingen das Angebot der Reithausbauvereins an, für eine einmalige Gebühr von 150,00 DM Mitglied im Reithausbauverein zu werden. Damit ging die gesamte Anlage in den Besitz des Reitvereins Reutlingen über. Der Reithausbauverein wurde später aufgelöst.
Nach dem Krieg wurden in den 1950er Jahren mit Anbauten die Stallungen vergrößert, 1961 wurde ein neuer Außen-Reitplatz mit einem großen Jugendturnier eingeweiht.
In den 1950er Jahren wurde das Reithaus komplett durch die Römerschanz-Siedlung eingebaut.


Schon in den 1950er wurde laut den Protokollen über einen Neubau diskutiert, auch die Stadt hatte ein Interesse daran, dass die Reitanlage aus dem neu bebauten Gebiet in einen Außenbereich verlegt wurde. Dies dauerte dann allerdings noch mehrere Jahrzehnte bis zum Jahr 1982.
Kurz nach dem Umzug der Pferde in die neue Reitanlage Am Schachenwald im Juli 1982 brannte das Reithaus an der Gustav-Groß-Straße in der Nacht zum 4. August 1982 komplett nieder
Der GEA schrieb:

Und so hat es dann ausgesehen:


Reitanlage am Schachenwald
Lange dauerte es, bis eine neue Reitanlage außerhalb der Stadt realisiert werden konnte. Nach jahrelangen Bemühungen und Verhandlungen mit der Stadt Reutlingen einigte sich der Verein Ende der 1970er Jahre auf die Übernahme eines Geländes von ca. 4,5 ha im Gewand Schachenwald in Erbpacht. Das Gelände des Reithauses in der Gustav-Groß-Straße wurde an die GWG verkauft.
Der Neubau wurde durch die Einnahmen aus dem Verkauf, Spenden, Darlehen und Sachleistungen von Mitgliedern und Förderern des Vereins ermöglicht.
Der Entwurf stammte von Architekt Peter Walk, die Baugenehmigung wurde am 12. März 1981 erteilt.
Der erste Spatenstich erfolgte am 28. April 1981.

Die Bauarbeiten gingen recht zügig voran.


Das Richtfest fand bei strömendem Regen am 8. Dezember 1981 statt.

Pferde und Reiter zogen Ende Juli 1982 von der Gustav-Groß-Straße in die neue Reitanlage am Schachenwald um.
Die Einweihungsfeier fand am 6. November 1982 statt.

Zur Entstehung der Reitanlage am Schachenwald gibt es ein wunderbares Album mit vielen interessanten Fotos, die auch das Engagement der Mitglieder bei den zahlreichen Arbeitseinsätzen dokumentieren.
Jahre 1928 bis 1949
Aus den Jahren 1913 bis 1928 liegen keine Unterlagen mehr vor.
Die Protokolle zu den Mitgliederversammlungen aus den Jahren 1930 bis 1944 liegen teilweise noch vor und zeigen die immer gleichen Probleme im Verein auf, die auch heute teilweise noch aktuell sind. Meist fehlte es an Geld und an geeignetem Personal. Reitstunden wurden nicht abgesagt und das Sattelgeld fürs Personal wurde leider oft nicht pünktlich bezahlt.
Der Verein hatte in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg u.a. auch eine Voltigierabteilung. Erich Canz beschreibt das nachfolgende Bild wie folgt:

Die Protokolle zwischen 1935 und 1942 zeigen u.a. Probleme im Umgang mit den damaligen Machthabern auf. Diese Zeit und vor allem die Kriegsjahre dürften für den Verein und die Mitglieder sehr schwierig gewesen sein.
Zu den Kriegsjahren gab der damalige Schriftführer Dr. Graf bei einer Versammlung zur Neugründung des Vereins im Jahr 1949 einen Überblick: Bei Anfang des Krieges hatte der RVR ca. 70 Mitglieder und etwa 40 aktive Reiter. Bei Ausbruch des Krieges sind alle für die Wehrmacht brauchbaren Pferde eingezogen worden. Mit den noch vorhandenen Pferden und einigen Pferden aus dem aufgelösten Reitstall Ebingen wurde der Reitbetrieb zunächst fortgesetzt. Nach dem Ende des polnischen Feldzugs konnte man einige Beutepferde dazu kaufen. Nach Beginn des Krieges in Russland wurden alle brauchbaren Pferde erneut eingezogen. Die wenigen zurück gebliebenen Tiere wurden verkauft und der Reitbetrieb eingestellt. Auch der damalige Reitlehrer Geisel war, wie auch viele Mitglieder, eingezogen worden.
Nach der Einstellung des Reitbetriebs wurde die Reithalle mit Mietvertrag vom Dezember 1942 vermietet, u. a. standen dort Holz-Modelle der Firma Wagner. Im Stall standen nach dem Krieg Pferde von Gotthilf Deuschle, Spedition Hasenauer (https://www.hasenauer.de/wp-content/uploads/2023/04/Hasenauer-Booklet-1859-1959.pdf).
Am 30. April 1949 trafen sich Mitglieder des RVR, um den Reitverein wieder zu beleben und den Reitbetrieb im Reithaus wieder aufzunehmen.
Jahre ab 1950
Es gelang, den Reitbetrieb unter Leitung von Theodor Geisel wieder aufzunehmen.
Am 1. November 1954 übernahm Reitlehrer Gottfried (Fred) Roschmann die Leitung des Reitbetriebs. Er war bis 1967 Jahre für den RVR tätig.

Über die Jahre folgten weitere Betriebsleiter, wie z. B. Willy Guthmann, Michael Tetzner, Herbert Schweitzer, Paul Kühler, Herr Mühlenbeck, Ralph Clasen-Hoffmann, Eckhard Bothe, Wolfgang Trede und seit 1998 Linda Velz (Aufzählung unvollständig).
Nach dem Krieg wurde um die Reitanlage die Römerschanz-Siedlung gebaut. Das Reithaus lag nun sozusagen „mitten in der Stadt“ – in der Gustav-Groß-Straße 9. Zum Ausreiten musste man zuerst die Siedlung durchqueren und konnte dann das Gelände z. B. Richtung Degerschlacht, Wannweil und Kirchentellinsfurt nutzen.
Die Ausritte führten teilweise über den Neckar bis zum Einsiedel. Bei einem der Ausritte am Kanal des Neckars stürzte Vereinspferd Frechdachs in den Kanal. Er konnte glücklicherweise von der Feuerwehr unversehrt geborgen werden. Dem Reiter ist ebenfalls nichts passiert.

Auf den Wiesen, auf denen heute Orschel-Hagen steht, fanden Fuchsjagden des Vereins statt. Später wurden die Jagden auf der Alb bei Schloss Lichtenstein bzw. am Kalkofen geritten. Es ist verbrieft, dass zur Jagd des RVR Teilnehmer aus ganz Württemberg anreisten.
Der gesellschaftliche Status des Reitvereins Reutlingen war in den 1950er und 1960er Jahren Legende. Heute noch berichten alte Mitglieder begeistert von festlichen und ereignisreichen Bällen im Traifelberg und im Parkhotel.

Als Turnierveranstalter machte sich der Verein ebenfalls einen Namen. Viele Mitglieder des Vereins ritten und reiten erfolgreich auf Turnieren.
Der Verein lebt vom Engagement seiner Mitglieder, Förderer und Gönner, die ihn durch ehrenamtliche Tätigkeiten und vielfältigen Einsatz, durch Geld- und Sachspenden unterstützt und unterstützen.
Das Risiko, einen wichtigen Namen bei einer Aufstellung dieser zahlreichen so engagierten Personen zu vergessen, ist viel zu groß, deshalb soll hier ganz darauf verzichtet werden.
Vorsitzende des Vereins
Über die Jahre wurden die Satzungen und Reitordnungen des Vereins immer wieder geändert und den aktuellen Gegebenheiten angepasst.
Im Vereinsregister sind ab 1928 über die Jahre folgende Vorstände/Vorsitzenden eingetragen:
1928
Dr. Albert Benkendörfer
1930er Jahre
Baurat Schmidt
1951 – 1976
Hans H. Burkhardt, Fabrikant in Pfullingen,
Stellvertreter: Paul Fallscheer, Fabrikant in Reutlingen
1976 – 1980
Gerhard Schwab, Fabrikant in Reutlingen
Stellvertreter: Paul Fallscheer, Fabrikant in Reutlingen
1980 – 2011
1. Vorsitzender: Dr. Albrecht Braitinger, Rechtsanwalt in Reutlingen
Stellvertretende Vorsitzender
1980 bis 1989: Werner Rieger, Fabrikant in Pfullingen
1989 bis 2002 Dieter Kullen, Kaufmann in Reutlingen
2002 bis 2016 Heinz Walz, Pfullingen
2011 - 2013
1. Vorsitzende: Dr. Petra Kirsch, Nehren
Stellvertreter: Heinz Walz, Pfullingen
2013 – 2016
1. Vorsitzende: Isolde Rinker, Reutlingen
Stellvertreter: Heinz Walz, Pfullingen
2016 – 2020
1. Vorsitzende: Verena Canz, Reutlingen
Stellvertreterin: Christa Krumm, Mössingen
2020- 2023
Vorstand
Gotthilf Riexinger, Reutlingen
Dr. Jessika Witka, Ofterdingen
Hansjörg Junger, Pfullingen
Seit 2023
Vorstand
Heiko Müller, Reutlingen
Franziska Schöck, Reutlingen
Quellen:
1. Protokolle zu Mitgliederversammlungen und Ausschuss-Sitzungen des RVR aus den Jahren 1928 bis 1963
2. Vereinsregister des Amtsgerichts Stuttgart
3. Berichte aus dem Reutlinger General-Anzeiger
4. Eigene Erinnerungen
Ergänzungs- und Korrekturhinweise bitte an Dr. Susanne Heinzl (sh@suheinzl.de)